Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Lennart Lehmhaus

Promotionsprojekt

Seder Elijahu Zuta (SEZ) –Ethik für den religiösen Laien?

Das hebräische Werk Seder Elijahu Zuta (SEZ - Die kleine Ordnung Elias), das zusammen mit Seder Elijahu Raba (SER - Die große Ordnung Elias) eine Tradition bildet, beschäftigt sich intensiv mit moralischen Fragen der rechten Lebensführung. Obwohl den Text ein eher hybrider Charakter zwischen moralischem Traktat und gelehrter Schriftdeutung auszeichnet, wird er bislang zur rabbinischen Gattung der Midraschim (Auslegungsliteratur) gezählt.

Zu Entstehungszeit und Herkunft des Textes, bisher fast alleiniges Objekt der Untersuchungen, widersprechen sich die Forschungsmeinungen. Allerdings scheint eine Abfassung nach dem babylonischen Talmud, zwischen sechstem und neuntem Jahrhundert wahrscheinlich.

Die Dissertation soll ausgehend von der Friedmann-Edition (Wien: 1902), unter Beachtung der Texterweiterungen und Überlieferungsvarianten aus anderen Handschriften, erstmalig eine kommentierte Übersetzung ins Deutsche leisten.

Diese soll, verbunden mit einer bislang in der Forschung ausstehenden Detailanalyse der literarischen Strategien, Strukturen und Kompositionen, zeigen, wie SEZ für unterschiedliche Lesekompetenzen komponiert wurde und auf mehreren Lektüreebenen rezipiert werden kann. Der hohe Grad an Intertextualität und Literarizität in SEZ kann dabei Aufschluss über mögliche Verbindungslinien innerhalb der rabbinischen Literatur und zu anderen Texten geben. Die thematische Untersuchung konzentriert sich auf die Verbindung von theologisch-religiösen (Gottes Natur/ Offenbarung/ Schöpfung) und moralisch-religiösen Inhalten (Sünde/ Willensfreiheit/ Theodizee) und ihre didaktische Vermittlung in einer praktischen Ethik der Rechtschaffenheit und des Torastudiums.

Ein besonderes Interesse gilt der denkbaren Rolle dieser Texttraditionen innerhalb der erweiterten Forschungsperspektive, die jüngst die rabbinozentrische Vorstellung eines normativen Judentums in Frage stellt und die Aufmerksamkeit auf marginalisierte Stimmen und die Popularisierung rabbinischer Lehren für ein breiteres Publikum lenkt.

Der Forschungsansatz vereint geistesgeschichtlich-historische und kulturwissenschaftliche mit grundlegenden literarisch-textkritischen Fragestellungen. Das Dissertationsprojekt leistet einen Beitrag zum umfassenderen Verständnis der literarischen Vermittlung rabbinisch-religiöser Konzepte sowie ihrer Position im Kontext jüdischer Tradition, eines innerjüdischen Pluralismus und ihren multireligiösen Umgebungskulturen in der Spätantike und frühem Mittelalter.

Lennart Lehmhaus, M.A.

Seminar für Judaistik/ Jüdische Studien

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Akademischer Werdegang

Seit 2007                         Doktorand an der Graduiertenschule “Society and Culture in Motion” und am Seminar für Judaistik an der MLU Halle-Wittenberg. (Promotion: Seder Eliyahu Zuta- eine Ethik für den religiösen Laien?/ Betreuer: Prof. Giuseppe Veltri)

2006                                 Magisterarbeit mit dem Thema: Sprache, Struktur und Inhalt der Textversionen A und B des mittelalterlichen Texts „Alphabet des Ben Sira“ (Betreuerin: Prof. Dagmar Börner-Klein), HHU Düsseldorf.

2004-2005                      Studium der polnischen Sprache und Kultur, Jagiellonen-Universität Krakau (Polen).

2002-2003                      Studium der Judaistik, Israelstudien und der hebräischen Sprache an der Hebräischen Universität Jerusalem.

1999-2006                      Studium der Jüdischen Studien, Germanistik und Politikwissenschaft an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Veröffentlichungen

Were not understanding and knowledge given to you from Heaven (SEZ 14) - Instructive Dialogue with the unlearned `other´ in Seder Eliyahu Zuta. In: Rabbis in conversation with `the other´, Proceedings of a workshop held at Princeton University, May 4th-5th 2009. (im Druck)

As it is written: a bibliographical review of recent studies in midrash. European Journal for Jewish Studies 2,2 (2009), 291-303.

„Es ist mancher scharfsinnig, aber ein Schalk und kann die Sache drehen, wie er es haben will." (Sirach 19,22) - Intertextuelle Kritik rabbinischer Quellenarbeit im Alphabet des Ben Sira. In: Susanne Plietzsch (Hrsg.): Literatur im Dialog. Die Faszination von Talmud und Midrasch. Zürich: Theologischer Verlag, 2007, 127-163.

Eine Art Jüngstes Gericht. Apokalyptische Motive in expressionistischer und hebräischer Lyrik des 20. Jahrhunderts. In: Mythos-Magazin - Online-Magazin für die Forschungsbereiche Mythos, Ideologie und Methoden  (e-journal).

http://www.mythos-magazin.de/mythosforschung/ll_lyrik.pdf   

Vorträge und Konferenzbeiträge

2010                                 “Seder Eliyahu Rabbah and Zutah: The Discourse of Morality as a Dialogue in Its Pluralistic Environment of Mediterranean Societies”, EAJS (European Association for Jewish Studies) Conference, Ravenna, 25.-29. Juli.

2010                   “Encounter with `the other´ in Rabbinic Literature between Dispute and Instruction – the case of Seder Eliyahu Rabbah and Zutah”, 4th Sacred Leaves Annual Graduate Symposium, University of South Florida (Tampa), 18. - 19. Februar.

2009                                 “Ways of Wisdom and Narrative Critique in the Medieval Ben Sira”, 15th World Congress of Jewish Studies, Hebrew University Jerusalem, 2. - 6. August.

2009                                 “Instructive dialogue with the unlearned `other´ in Seder Eliyahu Zutah”, Workshop “Rabbis in Conversation with others”, Princeton University, 4.-5. Mai.

Lehre

WS 08/09         Seminar zur Midrasch-Literatur am Seminar für Judaistik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Midrasch – zwischen Tradition und Innovation).

SoSe 09             Seminar zur modernhebräischen Literatur und israelischer Geschichte und Gesellschaft am Seminar für Judaistik der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg (Ich ist ein anderer – das Motiv des Arabers und Orientalen/Mizrachi in Literatur und Medien Israels).

WS 09/10         Seminar zu religiösen, historischen und sozio-kulturellen Aspekten innerhalb der Gesellschaft der Ultraothodoxen/ Charedim (die Gottesfürchtigen) in Israel am Seminar für Judaistik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Die Welt der Charedim/ Ultraothodoxen in Geschichte und Gegenwart).

Organisation von Konferenzen, Workshops

2009                                 ANT im Kontext - Vom Export, Re-import zum Austausch von Gesellschaftskonzepten und Kulturbegriffen in der ANT (zusammen mit Sung-Joon Park und Matias Dewey), Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung Halle (Saale), 5.- 6. Juli.

Stipendien und Förderungen

2007-2010        Stipendium als Doktorand der internationalen Graduiertenschule „Society and Culture in Motion“ an der MLU Halle-Wittenberg.

2004-2005        Stipendium der Gesellschaft für studentischen Austausch in Mittel- und Osteuropa (GFPS e.V.) zum Studium der polnischen Sprache und Kultur an der Jagiellonen-Universität in Krakau.

2002-2003        DAAD-Stipendiat für das Jahresprogramm Judaistik an der Hebräischen Universität Jerusalem.

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